Heimat eröffnet in Zürich einen neuen Standort
Was bereits 2014 entstand, formen nun die drei Geschäftsführer Nico Ammann (NA), Roman Jud (RJ) und Simon Rehsche (SR) zu einer Einheit. Am Helvetiaplatz nistest sich eine Agentur ein, welche in Deutschland eine Mutter hat, die hervorragende Arbeit leistet, dies unter anderem für die Kunden Hornbach, OTTO, REWE, Siemens und gerne auch für eine namhafte Schweizer Firma.
Erste Kunden befinden sich bereits im Portfolio des Zürcher Ablegers und ein Team mit 15 Mitarbeitern wurde auf die Bedürfnisse der Agentur zusammengestellt. Die drei Geschäftsleitungsmitglieder verraten mir im Interview was sie von der Problematik Schweiz/Deutschland (Schweizer Unternehmen kaufen im Nachbarland ein) halten, wie sie Siroop von sich zu überzeugen wussten und ob das Mutterhaus ein besonderes Auge auf die Zürcher Jungs werfen wird.
1. Heimat Zürich gibt es ja schon etwas länger. Wieso geht es erst jetzt richtig los? Hat es überhaupt Platz für eine weitere Grossagentur? Ich gehe davon aus, dass ihr euch erhofft, in Kürze mehr als 15 Arbeitsstellen zu besetzen?
RJ: Ja, Heimat haben wir bereits 2014 gegründet. Aber als Satellit damit wir unsere Kunden in der Schweiz besser betreuen konnten. Wir haben ja Swisscom und Jelmoli bereits länger dabei und wollten dann vor Ort auch ein kleines, aber sehr starkes Consulting Team etablieren. Nun hat sich mit dem Gewinn eines Neukunden und mit der Verpflichtung von Nico sowie Simon eine fantastische Chance geboten um den nächsten Schritt zu machen. Wir wollen in Zukunft auch noch weiter wachsen, aber nicht um jeden Preis. Viel wichtiger ist es uns die richtigen Kunden zu finden, die auch zu uns passen. Wir wollen eine starke Partnerschaft eingehen um zusammen Erfolg zu haben.
2. Am Helvetiaplatz seid ihr ein Team von 15 Personen. Wie schwierig oder einfach war es, die richtigen Personen zu finden?
NA: Es war weder schwierig noch einfach, aber auf jeden Fall unheimlich wichtig. Wir schätzen uns überaus glücklich, dass wir in so kurzer Zeit so viele talentierte und motivierte neue Mitarbeiter finden konnten. Ganz wichtig war uns auch, dass jeder und jede Einzelne neben fachlicher Exzellenz auch menschlich gut zu uns passt.
3. Wird Heimat eine Deutsche oder eine Schweizer Agentur? Ich frage natürlich nach Ethik, Einstellung, Charakteristik und auch nach der Art wie Werbung interpretiert wird.
SR: Wir sind alle hier aufgewachsen, haben aber auch alle schon im Ausland gelebt und dies gilt auch für den Grossteil unseres Teams. «Schweizerisch» kann ja sehr vieles sein, und dies empfinden wir auch als eine der spannenden Facetten dieses Landes. Wir sind im Vergleich mit anderen Schweizer Agenturen sicher durchaus schweizerisch, sehen dies aber nicht als wichtigste Säule unserer Identität.
4. Serviceplan hat das ähnlich gemacht, was ihr jetzt mit Heimat vor habt. Konntet ihr euch etwas vom Konkurrenten abschauen?
RJ: Nein, da sind wir anderer Meinung. Serviceplan hat eine ganz andere Strategie als Heimat. In erster Linie will Serviceplan schnell wachsen, was ihnen mit den Zukäufen von Agenturen auch gelungen ist. Ganz ähnlich wie sie auch in Deutschland gross geworden sind. Heimat setzt da mehr auf qualitatives Wachstum, dass haben wir ja bereits in Hamburg und Wien bewiesen.
5. Wie positioniert ihr euch? Seht ihr euch als Kampagnen-Agentur?
SR: Eine «Kampagne» kann heute Verschiedenes sein. Wir sind eine Kreativagentur, die Marken und ihren Angeboten in den Köpfen und Herzen von Menschen eine Heimat schafft. Und dafür ist es glücklicherweise gerade die spannendste Zeit: Digitalisierung und andere Dinge, wie z.B. die Entwicklung von Mobilität, aber auch Probleme und damit verbundene Unsicherheiten prägen unser Leben und unsere Kultur wohl schneller und fundamentaler, als wir dies bewusst wahrnehmen. Als Kreativagentur wollen und müssen wir in so interessanten Zeiten nicht nur den Zeitgeist erkennen, sondern diesen über Marken und Ideen prägen. Wenn wir das mit intelligenten, kreativen Ideen und konsequenten Umsetzungen schaffen, wäre das unsere Wunschpositionierung. Werbung war schon mutiger und hatte schon mehr kulturelle Relevanz, als dies heute der Fall ist. Es wäre schön, wenn wir in Zusammenarbeit mit unseren Kunden dazu beitragen könnten, dass sich dies in der Schweiz wieder ändert.
6. Ich höre oft, die Deutschen schätzen den Schweizer Markt nicht richtig ein. Ist es bewusst kein Zufall, dass drei Schweiz erprobte Werber in der Geschäftsleitung sind?
NA: Das ist definitiv kein Zufall. Der Name Heimat bringt es mit sich, dass die Agentur den jeweiligen Standort versteht und lebt.
7. Siroop, euer erster Kunde, habt ihr im Pitchverfahren gewonnen. Ich finde es bemerkenswert, dass ihr als noch nicht existierende Agentur für das Pitchverfahren eingeladen wurdet. Wie kam es dazu?
RJ: Das ist so nicht ganz richtig. Wir betreuen zum Teil ja auch schon Swisscom und Jelmoli mit Beratern in der Schweiz. Empfohlen haben wir uns durch die gute Arbeit und wurden darum von Siroop eingeladen an dem Pitch teilzunehmen.
8. Ihr fängt fast bei Null an, habt aber ein tolles Mutterhaus. Wie viel Zeit bekommen die Söhne von der Mutter?
NA: Das kommt in solchen Beziehungen ja meistens auf die Kinder an. Wir wünschen uns einen engen Austausch, weil wir unsere Mutter, wie du schön sagst, auch toll finden. Gleichzeitig sehnen sich Kinder aber auch stark nach Unabhängigkeit und möchten ihre eigenen Entscheidungen treffen. Nur so können sie stark heranwachsen und den Erwartungen ihrer Eltern gerecht werden. Nichtsdestotrotz möchten wir gerne möglichst lange Kinder bleiben. Denn Fantasie, Tatendrang und keine Angst vor Neuem sind beste Voraussetzungen für kreative Arbeit.
Kampagne von Heimat Berlin:
9. Gemäss Manager Magazin ist Heimat Berlin die 7. beste Werbeagentur in Deutschland. Wird die Teilnahme an Awards auch bei euch ein Thema oder interessiert das nur am Rande?
NA: Die Teilnahme an Awards wird dann zum Thema, wenn wir für unsere Kunden Kampagnen kreieren, die es verdienen eingereicht zu werden. Awards sind etwas Schönes und Bestätigendes. Wenn wir in Zukunft welche gewinnen sollten, werden sie bei uns einen schönen Platz in der Agentur bekommen, und nicht wie viele Kreative in Interviews behaupten, auf der Toilette ausgestellt. Viel wichtiger für uns ist jedoch, dass unsere Kunden und vor allem auch deren Kunden unsere Arbeit schätzen.
10. Ihr seid Schweizer und kennt die Diskussionen, welche nach der Etatvergabe (Swisscom an Heimat) aufkamen. Was denkt ihr über solche Diskussionen? Darf die Migros, die Swisscom oder die Post in Deutschland einkaufen?
SR: Aus emotionaler Sicht verstehen wir diese Diskussionen natürlich sehr gut und können sie auch nachvollziehen. Wir alle geniessen gleichzeitig aber die Vorteile, die offene Wirtschaftsräume, Globalisierung und entsprechende Marktdynamiken bringen. Dass sich auch in der Kreativwirtschaft die Märkte öffnen, müssen wir akzeptieren. Wir sollten uns deshalb, wie viele andere Branchen dies auch tun, eher mit vorwärtsgewandten Strategien zur Differenzierung gegenüber Wettbewerbern beschäftigen. Dies gilt für unseren Wirtschaftsstandort im Allgemeinen. Und die Migros darf unserer Meinung nach wie alle anderen Schweizer Unternehmen dort einkaufen, wo sie will.
Kampagne für Swisscom:
11. Habt ihr Respekt davor, dass bei jeder Etatvergabe gleich die Diskussion «Schweiz kauft in Deutschland ein», hochkommt?
RJ: Das ist nicht überraschend, es ist politisch gesehen ja auch ein gesamtschweizerisch brisantes Thema. In allen Branchen diskutiert man die Hochpreisinsel Schweiz. Von Lebensmitteln bis Autoersatzteile kaufen die Schweizer alles über der Grenze ein um Geld zu sparen.
Aber was wir klar festhalten möchten ist, dass unsere Kunden nicht des Geldes wegen zu Heimat kommen, sondern wegen der hochwertigen Kreation und zwar in allen Märkten wo wir aktiv sind. Preisdumping gibt es bei uns nicht und wird es auch nie geben. Heimat Zürich ist eine Schweizer Agentur.
12. Das Jahr ist jung. Wo seht ihr Heimat Zürich Ende Jahr?
SR: Am Helvetiaplatz.
Darüber hinaus sehen wir uns noch ganz am Anfang, was sich in ungebrochenem Tatendrang, ansteckender Energie und unverbrauchter Frische zeigen wird. Und hoffentlich in den Zukunftsplänen vieler spannender Kunden, die sich für ihre Marke Beziehungen zu SchweizerInnen wünschen, die sich emotional nach Heimat anfühlen.
© Yves Seiler