Seiler's Werbeblog

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Michael Kathe «Michael rezensiert #2»

Vor drei Wochen habe ich angekündigt (hier nachzulesen), dass der Top-Kreative Michael Kathe in regelmässigen Abständen Spots rezensiert. Nun heisst es Vorhang auf für Runde zwei, Michael rezensiert:

** Chrysler: Zwei Präsidenten
Eine schöne Variante, sich in der Werbung eine Scheibe Wahlkampf abzuschneiden. Zwei Schauspieler, die beide schon mal den US-Präsidenten gegeben haben. „Hi, Mr President.“ US-Präsident Thomas Whitmore (Bill Pullman im Blockbuster „Independence Day“) begrüsst US-Präsident Jed Bartlet (Martin Sheen in der Serie „West Wing“) „Hi, Mr President.“ Die beiden sind in ihren Chrysler vorgefahren und unterhalten sich bei heruntergelassenen Autoscheiben. Sie unterhalten sich darüber, wer patriotischer ist. „Everything I own is star-spangled. Everything.“

Natürlich ist Chrysler vielleicht der letzte Autobrand, der sich als US-patriotisch und präsidial verkaufen kann – wird allerdings Donald Trump gewählt, ist Dodge wohl der perfekte US-Car. Dann allerdings wird auch der Claim nicht mehr gelten, mit dem Chrysler hier wirbt: „Premium to the People.“

Übrigens ein grossartiger Claim, der geradezu zynisch als Abwandlung zu John Lennons berühmten Song („Power to the People“) bzw. einem wichtigen 68er- und Anti-Vietnam-Bewegungs-Credo aufzeigt, was heute Wahlen gewinnt und Menschen glücklich macht.

Domino: Pizza Delivery Car DXP
Wie ein Hightech-Auto kommt die Werbung für den DXP von Domino Pizza daher. Ja, Domino Pizza hat ein Auto hergestellt, bzw. eins modifiziert zu einem wirklichen und wahrhaftigen Pizza-Lieferauto. Mit einer Heizung hinten im Kofferraum („one hundred and forty degrees! … Fahrenheit“), mit Rädern, die aussehen wie Pizzaräder. Diese kleinen Veränderungen und Optimierungen am Produkt werden als grosse Innovationen dargestellt, natürlich überaus ironisch. „It’s time – time to imagine – the unimaginable – reimagined. And speed past the present – into the future – today. It’s time for a pizza car.“

*** Asics: Want it more
„This is an open letter to anyone who wants to be an athlete.“ Richtig Sport zu machen ist heute dasselbe wie vor 27 Jahren, als Nike angefangen hat, die Welt der Sportwerbung mit dem Claim „Just do it“ auf den Kopf zu stellen. Sport war fortan nicht mehr Spass oder Vergnügen, sondern jeder Sport – und werde er noch so sehr von Amateuren getätigt – wurde zum Spitzensport. Zur Herausforderung seiner Selbst und Überwindung des inneren Schweinehunds. Glaubt man der Werbung weltweit, scheint die schmerzvolle Selbstüberwindung inzwischen zum raison d’être des Sportmachens überhaupt geworden zu sein. Dem verschliesst sich natürlich auch Sportausrüstungshersteller Asics nicht.

„If you want it more than sleep, all-night parties, likes, hair, straight teeth and a pretty nose, soft hands“, dann trainiere, gehe es hart an, quäle dich, schwitze. Wir sehen die cool aussehenden jungen Halbprofis in Stills, Fotografien, Slow Motion, Filmsequenzen. Schnell geschnitten. Inhaltlich nicht sonderlich überraschend, doch vom Schnitt und dem Musikscore atemberaubend cool. Ein Störgeräusch und eine Bassdrum, die hart schlägt, unrhytmisch, nicht zur Ruhe kommen lässt. Sport ist auch inneres Aufgewühltsein, innere Unrast. Das ist die eigentliche (und neuartige) Message, die uns dieser Spot vermittelt. Dunkle Bilder und die Mahnung: „Just wanting it isn’t enough“

Lieber Michael vielen Dank für deine tollen Rezensionen. Ich freue mich, wenn es in ein paar Wochen heisst: «Michael rezensiert /3», Yves Seiler.

© Text: Michael Kathe
© Bild: Daniel Kobi

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