Seiler's Werbeblog

Wir schreiben über Werbung

Alexander-Segert

Alexander Segert «GOAL AG»

Mit Alexander Segert präsentiert Seiler’s Werbeblog eine Persönlichkeit, welche polarisiert. Fast jeder Schweizer kennt die Kampagnen seiner Werbeagentur GOAL AG, welche er unter anderem für die SVP konzipiert. Mein Ziel mit Seiler’s Werbeblog ist es, so viele Menschen wie möglich, aus den unterschiedlichsten Sektoren der Kommunikation zu präsentieren. Herr Segert kannte ich bis anhin nur aus den Medien. Das Interview hat mir die Augen geöffnet, dass man sich hüten sollte zu schnell Vorurteile zu haben. Bitte lesen Sie das Interview, ich finde es lohnt sich und ich darf behaupten, dass wir Herr Segert so persönlich wie möglich dargestellt haben.

In diesem Interview geht es um keine politischen Fragen. Seiler’s Werbeblog ist eine Kommunikationsplattform, welche keine politischen Interessen vertritt.

1. Die ganze Schweiz kennt Ihre Kampagnen, aber niemand kennt das Gesicht dahinter. Darum meine Frage: Wer sind Sie?

Der Mann hinter der Kampagne – Im Vordergrund stehen Kunde, Auftrag und Produkt.

2. Ihre Agentur «Goal» ist in Dübendorf beheimatet. Welche Kommunikationsdisziplinen bieten Sie an? Wo sehen Sie Ihre Hauptstärken? Wie viele Angestellte beschäftigen Sie?

Wir halten es mit «Jim Knopf und der Wilden 13» – Dreizehn Mitarbeitende, immer auf Abenteuerreise und auf der Suche nach neuen Ideen, Konzepten, Umsetzungen, Kanälen und Realisationen.

3. Wie viel Ihrer Zeit widmen Sie der SVP? Besteht ein Klumpenrisiko?

Seinen Kunden kann man – im doppelten Sinne – nie genug Zeit widmen. Wir haben eher ein «Wahrnehmungsrisiko», wenn man von Risiko sprechen will. Man spricht gerne über unsere Kampagnen für die SVP, dabei dürfen wir für einen sehr breiten Kundenstamm tätig sein. Aktuelles Beispiel: Abstimmungssonntag vom 30.11.14: 4 Kampagnen auf allen Ebenen für 4 verschiedene Kunden.

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4. Sie werden als der umstrittenste Werber des Landes bezeichnet. Wie sehen Sie das?

Perfekt! Ich würde eher nervös werden, wenn ich als der «langweiligste» Werber des Landes gelten würde.

5. PR findet im Hintergrund statt. Ist dies der Grund, warum man Sie in der Öffentlichkeit kaum kennt?

Tatsächlich: PR findet im Hintergrund statt! – Womit die Antwort eigentlich schon zu Ende wäre… Grundsätzlich besprechen wir immer mit dem Kunden, wie weit es nützlich und sinnvoll ist, wenn wir als Agentur mehr in den Vordergrund treten.  Zudem muss ich leider bezweifeln, dass ich kaum bekannt bin – immerhin hat mich Seiler’s Werbeblog gefunden…

6. Wie kam es dazu, dass Sie sich für Politik spezialisiert haben? Was waren die ersten Aufträge, welche Sie in diesem Bereich machen durften?

Ich bin schon seit meiner Jugend politisch interessiert und engagiert gewesen, diskutiere gern, denke gerne quer und bin im Sinne der lateinischen Wortbedeutung von «radix» (Wurzel/Ursprung) gerne radikal, versuche also die letzte Essenz einer Kommunikationsaufgabe zu finden. In der politischen Kommunikation vereinen sich all diese Eigenschaften wie sonst kaum. Zudem kommt: Am Abstimmungs- oder Wahlsonntag wissen sie immer genau, ob sie gewonnen oder verloren haben – manchmal mit einer Stimme!

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Dieser Abstimmungs-«Thrill» hat mich schon als junger Texter bei meinem Eintritt in die GOAL fasziniert. Damals war die Agentur u.a. mit zwei Kampagnen beschäftigt: Dem Messerstecher-Inserat sowie der Regierungsratskampagne. Beide Kampagnen stehen exemplarisch für die Arbeit der Agentur: Das Messerstecher-Inserat wird auch heute nach rund 20 Jahren als Musterbeispiel für «low budget, high impact»-Kampagnen erwähnt. Das Motto für die damalige neue Regierungsratskandidatin lautete: «Rita Fuhrer – Schafft menschliche Nähe».  Ein Slogan, der einen komplett anderen Approach hat, aber ebenso voll ins Schwarze getroffen hat. Mit anderen Worten: Wir beherrschen alle Kommunikationssprachen.

7. Reizt es Sie, einmal Werbung zu machen, welche zum Beispiel Konsumgüter bewirbt?

Nein, weil wir es schon machen. Macht auch Spass, aber der «Thrill» am Wahl- oder Abstimmungssonntag fehlt.


8. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie gute verkaufsfördernde Werbung machen würden. Haben Sie Anfragen, zum Beispiel aus dem Discount-Sektor?

Gute Idee! Leider noch nicht… Indirekt sind wir aber auch immer in diesem Sektor tätig: So beobachten wir – oft mit wechselndem Vergnügen – , dass unsere politischen Kampagnen von Konsumgüterfirmen oder deren Agenturen oftmals mehr schlecht als recht abgekupfert werden  Da dies aus Sicht der Agenturen natürlich nicht Usanz werden sollte, daher an dieser Stelle der Aufruf: Hey, Auftraggeber aus dem Discount-Sektor, spielt nicht die Chinesen, kommt lieber zum Original!


9. Sie bieten Schulungen an, unter anderem in den Bereichen Rhetorik und Schlagfertigkeit. Wie sieht Ihre Zielgruppe aus? Sind diese Schulungen speziell für Politiker ausgelegt?

Wir haben dieses Kursangebot entwickelt, da wir hier die grössten Entwicklungsmöglichkeiten, den grössten Nachholbedarf im Bereich der politischen Kommunikation sehen. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es auch für Kampagnen auf Gemeindeebene eine professionelle Beratung braucht. Diese erstreckt sich zumeist aber auf die Erstellung von Werbemitteln. Der ganze persönliche Auftritt wird mehr oder weniger auf allen politischen Stufen fast komplett ausgeklammert. Dabei ist hier mit wenig Aufwand, sprich finanziellen Ressourcen, am meisten möglich. Die Wählerinnen und Wähler, die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger auf der Strasse entwickeln sich immer mehr zu «Schnäppchen-Wählern/-Stimmbürgern». Sie entscheiden immer öfter spontan und emotional. Und: Sie wollen sehen, wen sie wählen sollen/wollen. Wahl- und Abstimmungskämpfe werden daher immer mehr auf der Strasse, an der Haustür entschieden (angstschweisserzeugendes Stichwort hierfür: «Haustürwahlkampf»). Politikerinnen und Politiker müssen darauf reagieren, machen dies aber aus Sicht des Erfolges leider noch viel zu wenig.

10. Direktmarketing ist messbar, der Erfolg der Wahlen auch. Haben Sie eine Erfolgsprämie bei einer erfolgreichen Wahl?

Unsere Erfolgsprämie: Wir dürfen wiederkommen – meistens…

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11. Wie sehr stört es Sie, dass Ihnen die Akzeptanz seitens der Schweizer Werbeszene aberkannt wird? Oder stimmt diese Behauptung gar nicht?
Mit der «Schweizer Werbeszene» kann ich leider kein Geld verdienen und die Löhne meiner Mitarbeitenden bezahlen. Ich bin ganz happy, wenn das Telefon klingelt und auf der anderen Seite die magischen Worte ertönen: «Wir haben da etwas… Können Sie uns helfen?»


12. Im Prinzip machen Sie nur Ihren Job. Sie bewerben die grösste Schweizer Partei und deren Anliegen. Werden Sie anhand der von Ihnen entwickelten Kampagnen in der Öffentlichkeit angesprochen? Fühlen Sie Feindseligkeiten?

Als Ausländer kann ich uneingeschränkt festhalten: Die Schweiz hat eine unglaublich hohe Debatten- und Toleranzkultur! Nur leider wissen es die meisten Schweizer nicht und können daher nicht stolz darauf sein, obwohl es – wie bei vielen anderen Sachen auch – allen Grund dazu gibt. Konkret: Sowohl im beruflichen wie auch im privaten Umfeld wird primär der Erfolg anerkannt – dies im Sinne von: «Ich habe zwar nichts mit der SVP am Hut, aber die Kampagnen sind erfolgreich!» Zudem: Aufgrund des einmaligen politischen Systems kommt es auf allen Ebenen immer wieder zu wechselnden Bündnissen in Sachfragen: Sie haben heute ein Komitee aus Vertretern von links bis rechts als Kunde, deren Mitglieder sich morgen als Kontrahenten gegenüberstehen, um übermorgen wieder zusammen eine Vorlage zu vertreten oder zu bekämpfen. Das ist sehr faszinierend, einmalig und ist die Grundlage für eine hohe Debattenkultur, bei der es primär um die Sache und weniger um persönliche oder ideologische Animositäten geht. Und: Dank der SP-Nationalrätin Kiener Nellen finden sich Links und Rechts ja nun auch bei der Steueroptimierung…

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13. Welche Künstler, Politiker oder Werber haben Sie beeinflusst?

Strategisch-konzeptionell: Unser Agenturgründer und mein Mentor Hans-Rudolf Abächerli. Künstlerisch: John Heartfield und Klaus Staeck, dazu Fotografen wie Yousuf Karsh.

14. Sie leben seit über 20 Jahren in der Schweiz, haben aber keinen Schweizer Pass. Was sind die Gründe hierfür?

Ich habe mich in der Schweiz nie als Ausländer gefühlt! Die einzige Ausnahme: Ich kann nicht wählen und abstimmen und nicht Bundesrat werden. Letzteres ist für mich persönlich nicht erstrebenswert. Im Hinblick auf die politische Partizipation habe ich das Gefühl, mit meiner Arbeit ganz gut im politischen Geschehen integriert zu sein.

15. Sie kommen aus Hamburg. Die Hamburger sind berühmt für ihre «Hamburger Schnauze». Eigentlich sind Sie das pure Gegenteil eines Schweizers. Wie sehen Sie das?*
Sorry, jetzt kommt der deutsche Besserwisser: Berühmt für ihre «Schnauze» sind die Berliner. Hamburger sind Hanseaten und pflegen ein gewisses Understatement oder sie gelten als «Pfeffersäcke» – gute Kaufleute – passt beides ganz gut zur Schweizer Kultur.
*(Liebe Hamburger und Berliner deckt mich zu mit Beschwerdebriefen; Yves Seiler)


16. Was schätzen Sie an der Schweiz und was nicht?
Als Ausländer kommt man in ein neues Land, weil es einem dort zumeist besser gefällt als in seinem Heimatland. Ich beobachte mit Sorge, dass sich die Schweiz den Ast, auf dem sie sitzt, immer mehr selber absägt. Sprich: Ihre Tugenden und Stärken aufgibt, den Ehrgeiz verliert besser und anders zu sein, den Stolz auf ihre Eigenständigkeit preisgibt und sich statt dessen immer mehr nach unten anpasst und Schritt für Schritt dem Land angleicht, das ich wegen der Schweiz verlassen habe.

17. Was wenige Menschen wissen: Sie haben zwei Kinder aus Nordafrika adoptiert. Warum haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?

Weil wir gerne Kinder wollten und haben!?!?!

18. Was sind Sie für eine Privatperson? Hören Sie gerne Musik? Trifft man Sie an kulturellen Anlässen?
Auch hier: Jim Knopf – ich bin sehr neugierig und reiselustig. Ich geniesse die unglaubliche gastronomische, kulturelle und landschaftliche Vielfalt der Schweiz mit ihrem einmaligen Niveau und leide nur ab und zu daran, dass ich zu wenig Zeit dafür habe. Ein Ort, an dem man mich viel zu selten antrifft: Restaurant Pinocchio, Dübendorf. Empfehlung von Theo, Chef de service: «Habe heute eine chline Kalbskotelette. Make dazu eine bitzeli spanischi Kartoffeln.» Dazu eine Flasche Viña Mayor Reserva – perfekt!

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GOAL AG
Zürichstrasse 98
8600 Dübendorf

www.goal.ch

 

© Yves Seiler

Bilder: zVg

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