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Frank Bodin

Andreas Panzeri «The Phantom of Creativity»

In diesen Tagen ist bekannt geworden, dass Nathalie Diethelm neue CEO bei Havas wird. Frank Bodin wird die Agentur auf eigenen Wunsch im Laufe des Monats Mai verlassen. Andreas Panzeri hat recherchiert und weiss, was der bisherige CEO in Zukunft machen will.
Die Überraschung war gross, als der Chairman & CEO von Havas in der Schweiz Mitte Februar publik machte, dass er die Agentur „im Verlaufe des Jahres auf eigenen Wunsch verlassen“ will. Die Überraschung ist jetzt noch grösser, wenn wir von den neuen Zukunftsplänen des Top-Kreativen hören. Frank Bodin kehrt nämlich wieder zu seinen Wurzeln zurück. Er will eine Oper komponieren. Vielversprechender Titel: „The Phantom of Creativity“. Die Uraufführung soll in einem neuen Ableger des KKL im umgenutzten ehemaligen Druckzentrum von Ringier in Adligenswil stattfinden, wie sich auch Marc Walder freut.

Die wahre Kreativität über 360°
„Viele Menschen haben gar kein Talent, er hat jede Menge davon“, stand einmal als Lead in einem Artikel in der Coop Zeitung. Als Frank Bodin von seinen Träumen, Konzertpianist und später Opernregisseur zu werden, Abschied nehmen musste, wurde er halt Werber. Jetzt hat er wieder freie Kapazitäten für die schönere Kunst. Frank Bodin will sie nutzen, um seine erste eigene Oper zu komponieren. Der CEO von Havas kehrt damit wieder in das Reich seiner Träume zurück.

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Das sind die Zeiten, als Frank tagelang Klavier spielte und in der Nacht Gedichte schrieb. Der spätere CEO von Havas Worldwide hat damals von 600 Franken im Monat gelebt. Er hat aber nicht unter einer Brücke geschlafen, sondern in einem ganz kleinen Zimmer unter seinem Flügel.

Mit 17 Jahren spielte er schon als Pianist im Weltjugendorchester, einem Klangkörper, in welchem ausschliesslich junge Preisträger aus aller Welt mitwirken durften. Einmal wurde das Orchester sogar von Yehudi Menuhin dirigiert.

Seine Träume vom Piano-Virtuosen musste Bodin allerdings aufgeben, nachdem er mit 22 Jahren unverschuldet einen Vespa-Unfall erlitt. Damals kam er wieder hoch, weil er zufällig Rolf Liebermann, den Intendanten der Staatsoper Hamburg, kennen lernte. Bodin durfte bei ihm assistieren. Er hat mit Regie-Legenden wie Giancarlo del Monaco oder Bob Wilson gearbeitet. Daneben komponierte er selber Musik und schrieb an einem Roman. Er wäre wohl Opernregisseur geworden, wenn nicht seine damalige Lebenspartnerin ihn angerufen hätte, sie sei eventuell schwanger und es würden Zwillinge. Da war dem Kreativen klar, „dass fundamentale Veränderungen nötig waren“.

Nun, heute stehen die Zwillinge auf eigenen Beinen und Frank kann sich ein weiteres Mal auf fundamentale Veränderungen einlassen. „Da Capo“ heisst das in der Sprache der Musik.

Der Aussteiger will noch einmal zurück zu dem Punkt, wo der junge Frank noch fest daran glaubte, dass man dank Wille Erfolg haben kann, scheinbar Unmögliches möglich zu machen.

Das ist ihm bereits einmal gelungen, als in der Tonhalle Zürich sein „enCore“ aufgeführt wurde, eine Komposition für Sinfonieorchester. Eine weiter erfolgreiche Komposition war 2012 für seine jüngste Tochter Ayleen. Da hat Frank mit Emel zusammen den Popsong „I should Love You“ komponiert.

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Die Weichen wurden schon früher gestellt
Da er Freizeit und Beruf trennt, hat Frank Bodin nie die Musik zu den Werbespots seiner Agentur komponiert. Bis auf drei Ausnahmen. Das akustische Signet der SBB hat er 2002 als Schlusspunkt für die Präsentation einer Kampagne zum 100-Jahre-Jubiläum der Bundesbahnen komponiert, als ihm auffiel, dass die neun Buchstaben SBB CFF FFS in der Musik auch für Töne stehen. Auf diesen Jingle ist Frank Bodin heute noch stolz. Es gibt ihn in drei Sprachversionen Es – B – B, C- F- F sowie F-F-Es. Er wird heute noch gespielt vor jeder Durchsage an einem Bahnhof.

Und nun also der ganz grosser Bahnhof für seine Oper.

Auch wenn Opernregie zwar einmal sein Berufsziel war, hat Bodin heute ein ambivalentes Verhältnis zum oft etwas in die Jahre gekommenen Musiktheater. „The Phantom of Creativity“ wird deshalb ein bisschen anders tönen. Im Orchester wird auch ein tibetanisches Alphorn zu hören sein. Als ein besonders ästhetisches Element im Orchestergraben werden sieben schwarze Konzertflügel zu sehen sein. Ein happiger Brocken zum Beissen für die arrivierten Musikkritiker werden wohl die 13 Bläser bilden. Diese hat Bodin bei einer Guggenmusik während der Zürcher Fasnacht entdeckt.

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Auch auf der Bühne wird nicht alles so sein wie früher. Es gibt einen Chor mit 89 Textern, die nicht singen, sondern nur flüstern. Auch Michael Conrad wird in einer Sprechrolle zu hören sein. Das Bühnenbild ist in Form eines Würfels gehalten. Die Konstruktion ist aus echtem Marmor und bildet einen eigenen Raum innerhalb der Guckkastenbühne.

Produziert wird „The Phantom of Creativity“ von Andrew Lloyd Webber’s Really Useful Group. „Für mich eine grosse Verpflichtung, denn ich wollte schon immer etwas Sinnvolles machen“, ist Bodin stolz.

Die Oper beginnt mit einer subtilen Referenz an Webber’s Welthit „The Phantom of the Opera“. Es ist aber kein Kronleuchter, sondern ein Computer, der während der Ouvertüre von der Decke fällt und am Boden zerschellt. Dabei ergiesst sich das ganze Internet über die Bühne.

Die Hauptfigur im „Phantom of Creativty“ ist ein Trompeter, der davon träumt, Werbetexter zu werden, weil er in diesem Beruf nicht nur mit einem einzelnen Ton, sondern mit einer ganzen Klaviatur sowie über 360° sein Publikum erreichen kann. Er verliert aber seinen Job bei einer kleinen und feinen Boutique-Agentur, weil diese von einem grossen Netzwerk übernommen wird. Der Texter muss sich in Zukunft als Freelancer verdingen. Eine solche Existenz ist in der krisengebeutelten Branche für einen Newcomer aber kein Honigschlecken. Der Texter arbeitet deshalb nebenbei als Aushilfstrompeter im Orchester des Musicals „Ewigi Liebi“. Für Bodin wird es eine Herausforderung sein, diese Szenen mit populärer Hitparadenmusik in seine klassische Oper einbauen zu können. „Aber solche Herausforderungen aus dem Bereich Stillosigkeit bin ich mir aus der Werbung gewohnt“, meint der Komponist.

Ein Höhepunkt der Oper wird die Arie „Love Life“ sein. Diese wird normal gesungen. Andere Arien werden für die Sänger eine noch nie gehörte Challenge bilden. Die Sopranistin singt nämlich den Part des Baritons und umgekehrt. „In der Werbung habe ich gelernt, dass man das Klischee immer wieder durchbrechen soll. Rollen ungewohnt anpassen.“

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Kreativität braucht neue Räume
Zum Schluss wird das Phantom der Kreativität ermordet. Aber es ist kein Gewaltmord. Es stirbt bei einem Sexspiel im Stile von „The Fifty Shades of Grey.“ Bodin ist es ein bisschen peinlich, wenn er gesteht: „Nun gut, das musste ich machen, weil das Grey-Netzwerk die ganze Produktion gesponsert hat. Auch als freischaffender Künstler ist man eben nicht völlig frei von den Spielmöglichkeiten des Marktes.“

Ist das eine besondere Botschaft, dass die Kreativität von einer internationalen Netzwerkagentur umgebracht wird? Bodins Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Nein, da sehe ich überhaupt keinen Zusammenhang.“

Frank wird seine Oper auch selber dirigieren. „Als Präsident beim ADC habe ich gelernt, wie man einem Haufen Kreativer den richtigen Takt beibringt.“

Uraufgeführt wird „The Phantom of Creativity“ in der stillgelegten Druckerei von Ringier im luzernischen Adligenswil. Diese soll in Zukunft leergeräumt als Aussenstation des KKL dienen, da dieses chronisch überlastet ist, seit in Zürich das Kongresshaus umgebaut wird. Wie Frank A. Meyer Bodin bei einer zufälligen Begegnung in der „Paris Bar“ in Berlin verraten hat, sollte die neue Kulturhalle „Palais Waldring“ heissen. Marc Walder bei Ringier möchte das Eventlokal aber lieber schlicht „The New Room“ nennen, als Referenz an eine vergangene Epoche.

Für Frank Bodin ist der mit neuem Leben erfüllte Raum ein Traum: „Wo früher doppelseitige Anzeigen von mir gedruckt worden sind, muss ich jetzt mit überraschenden Zwischentönen überzeugen“, freut er sich.

 

Der satirische Text wurde von Andreas Panzeri verfasst

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