Seiler's Werbeblog

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Curdin Janett «Sähen und ernten»

Curdin Janett stand mir einmal mehr für ein paar Fragen zur Verfügung. Publicis schwimmt auf einer Erfolgswelle, Curdin Janett wird als Werber des Jahres abgelöst, was Grund genug ist, dem sympathischen CEO von Publicis auf den Zahn zu fühlen.

1. Publicis schwimmt auf einer Erfolgswelle. Ist euch bewusst, was ihr in den letzten Jahren alles erreicht habt?
Merci Yves, sehr nett. Und ja, wir sind natürlich zufrieden. Speziell wenn wir etwas zurückblicken und uns die eigenen Pläne von 2011 anschauen, ist vieles, was damals geduldiges Papier war, heute Realität. Die Agentur ist integriert aufgestellt, wir sind für viele unserer Kunden ein strategisch wertvoller Partner und es entstehen Arbeiten, über welche der Markt spricht. Darauf sind wir durchaus stolz.

2. Ihr habt nicht nur ADC Würfel und viele andere Auszeichnungen gewonnen, sondern der Chef selber wurde zum Werber des Jahres 2015 gekürt. Was nimmst du aus deinem Amtsjahr mit?
Augenringe. Im Ernst: Ich war schon überrascht, wie viele und was für Anfragen da auf einen zukommen. Es scheint also noch ein Interesse an unserer Branche zu geben.

Curdin_Janett_Werber_des_Jahres

3. Wer ist dein Favorit auf den Titel 2016? Wie hoch ist der Stellenwert der Auszeichnung?
Der Stellenwert beschränkt sich natürlich auf unsere Branche – und da ist es immer eine schöne Sache, wenn man von den Mitbewerbern gewählt wird. Gewählt wird man aber nicht als Person, sondern stellvertretend für die Arbeiten der jeweiligen Agentur. Insofern finde ich es auch gut, dass dieses Jahr drei Kreative nominiert sind, welche für diese Arbeiten stehen. Wenn Du mich nach meinem Favoriten fragst, ist es natürlich wie wenn man den Fussballvereinspräsidenten nach dem Trainer des Jahres fragt: Thomas Wildberger, klar. Aber es liegt ja nicht an mir, meinen Nachfolger zu bestimmen. Das Publikum konnte Vorschläge einreichen und die Werbewoche hat eine gut besetzte Jury aus ehemaligen Egon-Preisträgern und jungen Kreativen zusammengestellt, die ganz bestimmt einen guten Entscheid fällen wird (Artikel zu den Kandidaten).

4. Was hat der Titel dir persönlich und was Publicis gebracht?
Ich habe den Titel immer als Auszeichnung für die Agentur gesehen. Und für Publicis hat er sicher einiges an PR und Einladungen mit sich gebracht.

5. Erfolg macht sexy. Die Akquise von Neukunden muss in der aktuellen Situation nicht besonders schwer sein oder ist dies ein Klischee?
Leider ein Klischee. Auch wenn man jeden Preis der Welt gewinnt, es schenkt einem niemand einfach so ein Budget.

6. Ihr habt für diverse Pitchs gearbeitet. Gibt es bereits frohe Botschaften?
Hoffentlich sehr bald.

Publicis_ubs_Uberblick

7. Dein ehemaliger Mitarbeiter Pascal Schaub ist seit März 2016 Leiter Dachmarke bei der Migros. Habt ihr bei ihm schon angeklopft? Oder ist dies gar nicht nötig?
Wir dürfen seit vielen Jahren für die Migros arbeiten. Es gab Zeiten, da durfte Publicis ganz grosse Geschichten wie M’08 oder die Dachmarken- und Engagements-Kommunikation betreuen. Und über die ganze Zeit das hoch erfolgreiche Cumulus-Programm. Aber wer in dem Markt behaupten würde, er wolle nicht noch mehr für die Migros arbeiten, der lügt.

8. Die Swiss fliegt weiterhin mit Publicis. Wie wichtig war diese Entscheidung für euch?
Sehr wichtig. Auch und gerade für mich persönlich. Der SWISS-Pitch war mein allererster Job, als ich im Frühling 2008 bei Publicis angefangen habe. Schön, durften wir exakt acht Jahre später wieder darauf anstossen.

 

Publicis_Swiss

 

9. Alle reden von Content. Wie seid ihr diesbezüglich aufgestellt? Handelt es sich dabei um ein relevantes Kunden-Bedürfnis oder wird das Ganze ein wenig gehypt?
Wenn wir im Marketing etwas richtig gut können, dann ist es neue Namen für bekannte Konzepte erfinden. Ganz ehrlich: wir haben die letzten Jahre ja auch nicht inhaltslos kommuniziert. Aber genau so, wie wir beim Thema Transformation/Innovation gerne ein grösseres Stück vom Kuchen hätten, ist es auch beim Thema Content. Wir sind gerade in den letzten Zügen um eine Kooperation in diesem Bereich zu besiegeln – stay tuned.

Drugstore_logo

10. Im September 2015 hast du die Lancierung von Drugstore (hier zu lesen) verkündet. Was konnte mit Drugstore bereits erreicht werden? Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus?
Unser gemeinsam mit dem Impact Hub lanciertes Produkt «Brand to Product» ist eine gelungene Kombination von Markenführung und Produktentwicklung. Für uns und unsere Kunden bringt es vor allem sehr viel interessanten Input. Es hilft uns, Aufgabenstellungen anders zu betrachten. Zusammenhänge zwischen Positionierung und Innovation zu erkennen. Wir werden das Konzept und die Zusammenarbeit mit dem Impact Hub gerne weiterverfolgen.

11. Vor ein paar Wochen habt ihr eine Medienmitteilung (hier zu lesen) verfasst, in welcher zu lesen war, dass ihr nicht mehr für Salt arbeitet. Wie kam es zu diesem aussergewöhnlichen und proaktiven Schritt? Bist du enttäuscht von der aktuellen Geschäftsleitung von Salt und deren Kommunikation?
Das Rebranding von Orange zu Salt war für uns eine sehr interessante Aufgabe. Eine, der man in dieser Tragweite nur alle zehn Jahre begegnet. Bei dieser Geburt von der ersten Stunde an dabei zu sein war für uns alle eine gute Erfahrung. Und natürlich hätten wir die Marke auch gerne noch etwas weiter auf ihrem Weg begleitet. Beim RfP-Prozess mit dem neuen Besitzer fanden wir jedoch keine Einigung.

12. Du fährst Renault (langjähriger Publicis Kunde) und hattest auch ein Salt-Abonnement. Hast du dieses in der Zwischenzeit gekündigt? Wie wichtig ist es dir Kundenloyalität zu leben?
Da bin ich altmodisch. Für mich gehört es ganz einfach zum Anstand, dass man die Produkte/Dienstleistungen seiner Kunden auch selber benutzt.

13. Wenn man sich eure Kundenliste anschaut, haben die meisten Brands ein unglaubliches Potential für Direktmarketing. Seit der Übernahme von Fisch.Meier (vor der Zeit von Curdin Janett), hat man das Gefühl, dass ihr in dieser Disziplin weniger als die Spezialisten zu sagen habt. Wie siehst du das?
Das mag eine Schattenseite der erfolgreichen Integration sein. Unsere Spezialisten kommen vielleicht etwas weniger zur Geltung. Integration hiess für uns aber nie, dass wir die Qualität in den einzelnen Disziplinen vernachlässigen. Sowohl Digital wie auch Dialog tragen nach wie vor einen grossen Teil zu unserem Resultat bei – nur halt eben in einer integrierten Struktur.

14. Der ADC fördert die Jugend sehr stark. Manch einer sagt, dass der Jugend zu viel Gehör geschenkt wird. Was hältst du davon und wie fördert ihr junge Menschen? Bildet ihr Lehrlinge aus?
Wir sind stolz auf das Abschneiden unserer jungen Kreativen beim ADC Young Creatives – Sandy Pfuhl und Edoardo Moruzzi (Bild unten) haben gleich bei Film und Cyber Gold geholt. Und ja, wir bilden Lehrlinge aus, sowohl bei den Grafikern als auch im Kaufmännischen. Das sollte Pflicht sein. Wir können uns nicht über mangelnden Nachwuchs beklagen und nichts dagegen unternehmen.

adc_yca_preisverleihung_2015-Die Gewinner Film und Cyber Sandy Pfuhl & Edoardo Moruzzi

15. Du hast einen kaufmännischen Background und hast es bis zum CEO einer der grössten Werbeagenturen geschafft. Was entgegnest du jenen, welche sagen, dass es immer ein Studium sein muss?
Living is learning. Und ein Studium ist sicherlich ein sehr guter Weg dazu. Ob mit oder ohne: man muss immer interessiert bleiben und dazulernen wollen.

16. Du stellst häufig das Team in den Mittelpunkt, dies auch nach deiner Wahl zum Werber des Jahres. Wie schwierig ist es ein Team von ca. 100 (kreativen) Mitarbeitern zu führen?
In einer Agentur entsteht alles im Team. Die richtige Konstellation ist deshalb matchentscheidend. Das ist ein schöner Teil der Aufgabe. Weil er nie langweilig wird. Und auch nie fertig.

17. Dein liebster Rückzugsort ist im Kreise der Familie oder wenn du dir deine Gitarre umhängst. Gibt es Phasen, wo du dir wünschst, dass alles ruhiger wäre?
Nicht wirklich. Aber wenn ich mir die Gitarre umhänge, wünscht sich mein Umfeld, dass alles ruhiger wäre…

18. Mit derart viel Erfolg muss dir die Arbeit ungemein Spass machen. Spürst du auch Neid?
Auch nach längerem Überlegen kann ich da mit nein antworten.

19. Auf Twitter bist du nicht besonders aktiv. Warum?
Ich tweete alle paar Tage mal was – weil ich schlicht nicht wüsste, was die Welt von mir alle 15 Minuten hören möchte.

20. Gibt es sonst einen Kanal, auf welchem du gerne bist?
Für den Beruf halt Linkedin, den amerikanischen Wahlkampf verfolge ich mit steigendem Entsetzen auf Youtube.

21. Heute in einem Jahr hat Publicis?
Die Titelstory im mittlerweile weltweit bekannten Seiler’s Werbeblog. (Curdin, der Blog wird schon jetzt in über 167 Ländern gelesen)

 

© Yves Seiler
Bilder: zVg

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