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Cyril Schicker «Tattoo Special»

Tattoos sind längst gesellschaftsfähig und gerade im Umfeld der Werbeagenturen ist der Körperkult keine Seltenheit. Diese Tatsache hat mich dazu bewogen das «Tattoo Special» ins Leben zu rufen. Meine Idee dabei ist, Kreative aus der Branche vorzustellen, welche uns ihre Tattoos inklusive Geschichte näher bringen. Den Start machte ich mit Dennis Lück, welcher als Chief Creative Officer bei der Werbeagentur FCB Zürich für deren Erfolg massgeblich beteiligt ist (hier zu lesen). Der Bericht, welcher über 250 Facebook-Likes generiert hat, zeigt, dass Dennis viele Freunde und Bekannte hat, zeigt aber auch, dass das Thema interessiert. Der Aufforderung am Schluss des Berichtes, Interessierte mögen sich bei mir melden, folgte Cyril Schicker. So heisst es auch in dieser Woche: Tattoo Special. Und es wird, das ist jetzt schon sicher, auch einen dritten Teil geben.

Cyril Schicker
Vom (Regens-)Berg kam er herunter, das Licht der Welt erblickte er Sommers 1978. Seine Biografie ähnelt einem Zickzack-Kurs: Zuerst spielte er Eishockey, dann verdingte er sich als Anlageberater, studierte berufsbegleitend Betriebsökonomie, schlitterte dann in die PR-Branche, wechselte kurzerhand in den Journalismus, wo er u.a. als Chefredaktor wirbelte und weibelte. Einen Blatthauch später gab er ein Kunstkonvolut heraus, nur um sich dann als Kolumnist und Blogger an die grosse, weite Welt heranzutasten. Daneben greift Cyril für diverse Magazine, etwa als Musikjournalist, in die Tasten und ist vor allem Texter, Konzepter, Content Manager bei der Zürcher Kommunikationsagentur Geyst. Einst fiedelte er die Violine, seit einiger Zeit versucht er, sich mit dem Theremin (Ätherwellengeige) anzufreunden. Zu oberst steht aber noch immer seine kleine Tochter.

Tätowiert sind beide seiner Arme, Beine, Hände, der eine Fuss und die andere Rippenpartie. Vom Stil her ist es sogenanntes «black work», die Einflüsse wehen von Mikronesien, Polynesien, Tahiti & Co. hierher. Viel Schwarz, grafisch ausgeprägt und eher mit Ecken und Kanten, denn gespickt mit schwungvollen Tintenflecken.

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1. Deine Tattoos sind sehr prägnant. Warum hast du dich für den polynesischen und den aus Tahiti kommenden Stil entschieden?
Alles in allem ist es ein bunter Blumenstrauss, der zwar ein Diversikum in sich birgt, aber trotzdem einfach nicht bunt werden will. An vorderster Front sind Tahiti, Polynesien, Mikronesien mit dabei, flankiert von einfachen, grafischen Elementen. Und ja, es war seit jeher ein Zusammenspiel mit meiner Tätowiererin, der fabulösen Susan vom Inktank. Sie spürte, was ich spürte, ich spürte, was sie spürte und es fühlte sich stets schwarz an.

2. Schwarz muss deine Lieblingsfarbe sein. Handelt es sich bei deinen Tattoos um ein Ganzes oder ist es eines aus verschiedenen Puzzle-Teilen?
Es sieht wie ein Ganzes aus, ist aber nie als solches konzipiert gewesen. Die Tatoo-Schwangerschaft dauert inzwischen ja auch schon über 15 Jahre, das tätowierte Kind will und will nicht in der jeweils aktuellen Form ausgetragen werden. Es ist ein Fötus, der sich laufend entwickelt, aber man weiss nie, in welche Richtung. Und es bleibt wohl immer ein Fötus.

3. Wie wichtig ist dir das Vertrauen in deinen Tätowierer? Ist das Tätowieren eine Art Ritual für dich geworden?
Das Vertrauen ist wichtig, ich hätte nie eine solch’ betörende zweite Haut, wäre das Miteinander nicht derart vertraut. Eineinhalb Jahrzehnte später ist es, wohl den Umständen geschuldet, aber so, dass das Vertrauen um die Ecke schielt. Ich erinnere mich noch gut, als ich zum Zmittag Tatto-Sessions «ass», währenddem meine Arbeitsgspänli wirklich zu Tisch gingen. Ich hatte schon immer einen unbewusst anderen Zugang dazu. So oder so, ein Ritual ist es alleweil.

4. Siehst du dich als Kunstwerk oder sind nur die Tattoos Kunst?
Susan hat sich an meiner Tätowiergeilheit sicher gesundgestossen, nicht monetär gedacht. Aber deshalb, weil sich zwei gefunden haben. Ich mich also auch an ihr. Vollends. Ich kam jeweils mit einer Vorstellung, sie konterte mit der passenden Idee. Es hat gleich funktioniert, sie wusste stets, was ich wollte, trumpfte förmlich auf. Die Tätowierungen fesseln jeden einzelnen Muskel, umgarnen jedes einzelne Muttermal, spiegeln gleichzeitig die jeweils aktuelle Stimmung respektive Lebensphase. Kurzum, die Tattoos sind Kunst.

5. Deine Art von Tattoos fallen mir häufig bei Hochleistungssportlern auf. Stimmen meine Beobachtungen? Woher kommt das?
Fussballer haben einen religiösen Bums auf ihren Unterarmen – mir fällt viel mehr das auf (lacht).

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6. Du hast lange Eishockey gespielt. Wie wichtig war dir der Sport? Wie wichtig ist dir Sport heute?
Der Bewegungsdrang ist auch heute noch omnipräsent. Natürlich nicht mehr im selbigen Ausmass, aber noch immer stark ausgeprägt. Was Sport mit sich bringt? Sicher Durchhaltewillen, Ehrlichkeit, Teamfähigkeit und Konsorten. Und eine gewisse Art von Zurückhaltung. Man muss nicht wie ein sprudelnder Jungbrunnen dauernd an vorderster Front Schaum schlagen …

7. Viele sagen, dass Tattoos süchtig machen. Wie siehst du das?
Nein, nein, nein. Das sagen die, die unter ihrem Bett ein Monster haben. Und sie haben auch Recht. Also nicht mit dem Monster. Sucht ist aber das falsche Wort, doch ist mit jedem Nadelstich der Weg zum nächsten Nadelstich einfacher, kürzer. Hast du eine Tätowierung auf der Hand, ist die andere Hand einen Katzenwurf davon entfernt, auch tätowiert zu werden. Dann kommt eben noch das Rituelle dazu, ebenso dieses Gefühl, das sich so gar nicht beschreiben lässt.

8. Du bist Vater eines zweijährigen Mädchens. Wie reagieren Leute auf dich, wenn sie dich Hand in Hand durch Zürich laufen sehen?
Es gibt alles. Leute, die sich bekreuzigen. Leute, die ihre Stirn weniger auffallend in Sorgenfalten legen. Leute, die ein Lächeln spazieren führen. Gewöhnlich aber ist es so, dass die Leute lugen, dann nochmals lugen, ein weiteres Mal lugen und auch ab diesem Zeitpunkt nicht damit aufhören. Am Ende glaube ich, oft diese Erleichterung à la «der ist DOCH ein feiner und schau mal, wie er mit dem Bub herzig umgeht, zu sehen. Und, ach, dieser Bub …» Ja, Oona wird zu 80% gender-verwurstelt. Aber allesamt ist ganz ok, immer unterhaltend. Übrigens, ich wurde vor kurzem das erste Mal von einem Street-Style-Fotografen schnappgeschossen – Oona sei dank!

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9. Bei der Blutabnahme fällst du in Ohnmacht, bist aber reichlich mit Tattoos bedeckt. Ein Paradoxon?
Auch wenn ich mich zum Zmittag tätowieren lasse oder die Achselhöhle tätowiert habe beziehungsweise seit so langer Zeit mir eine zweite Haut wachsen lasse: Ich habe immer Schiss unmittelbar vor jeder Session. Aber der ganze Prozess ist unglaublich bis unmöglich – umwerfend. Jedes Mal ist’s anders … Es wächst immer wieder aufs Neue eine kunterbunte Gefühlswelt in dir heran … Was die Blutabnahme betrifft: Die pieksen mich nur in den Finger, die niedrigste Stufe (es gibt deren zwei), ich muss-will mich immer hinlegen, dann kommen sie mit der kleinstmöglichen Nadel daher. Nützt aber leider nichts, dafür haben die Ärzte, Krankenschwestern, Assistentinnen immer einen Grund zum Lachen oder pusten ein «Zum Glück müssen Sie nie gebären» heraus. Charmant!

10. Du warst lange Chefredaktor. Über welche Themen hast du dort geschrieben?
Über den Tod und die Mafia mit Dr. Mark Benecke, über Eva Braun mit Bob Geldof, über Afrika mit Marcel Reif, ich war in Sharja, eines der sieben Emirate, um den dortigen Herrscher zu interviewen, ich begleitete eine Nacht lang die Sonderkommission der Stadt Zürich, ich war im Gefängnis Regensdorf für einen Erfahrungsbericht, Ted Scapa sieht in mir Van Gogh, ich habe Kolumnen in der F&W geschrieben, unter anderem über die Terminbörse Eurex …

11. Du warst auch Allianz-Versicherungs-Blogger. Was ist das genau?
Ich bin’s noch immer. Samt und sonders. Für den Allianz Family Blog lege ich meiner Tastatur Windeln an und schreibe mit Fingerfarbe alles zum selber erlebten Thema Familie. Wundersam, wunderbar, wundervoll. Jedwede Groteske hat Platz und ich hoffe, dass Oona irgendwann darauf stösst, alle Einträge liest und sich daran gesund stösst. Ich gebe mit diesem Blog viel preis, lasse das Private an einer extrem langen Leine durchs www laufen. Ob das gut ist? Auf jeden Fall tut es gut, über das zu schreiben, das einen betört-berauscht-beflügelt.  https://blog.allianz-family.ch/author/cyrilschicker2014/

12. Ein neues Jahr steht an. Hast du dir etwas Spezielles für 2016 vorgenommen?
Sicher das eine anvisierte Projekt bei Bruno Weber zu Hause formvollenden (danke Maria Ana!), dann Hände weiterstechen lassen, allenfalls den Hals ins Spiel kommen lassen, Oona über die höchste Hängebrücke Europas zu führen, eine Lesung zu veranstalten, eine Skulptur von Kris Kuksi ergaunern, die Fünf für eine gerade Zahl erklären … und die Haare, die sich bei der C-Date-TV-Werbung aufstellen, akribisch zu zählen, nur um damit der Parship-Werbung, der Was-auch-immer-noch-da-draussen-existiert, einen Strick zu knüpfen.

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13. Was sind die nächsten Projekte, welche es aus der Feder von Herrn Schicker auf ein weisses Blatt Papier schaffen?
Das wichtigste Projekt stammt aus fremden Federn. Seit Oona auf der Welt ist, frage ich meine Interviewgäste nach Autogrammkarten. Für sie. Charlize Theron, Klaus Meine, Jennifer Connelly, John Torturro, Deine Lakaien, Seth MacFarlane, Nelly Furtado, Ted Scapa, Claude Nicollier oder die zauberhafte Schwertschluckerin Lucky Helle … Oona hat schon einige, kommendes Jahr möchte ich aber noch eine persönliche Autogrammkarte von Flake, dem Keyboarder von Rammstein, kriegen.


 

 

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