Dennis Lück ist als Chief Creative Officer bei der Werbeagentur FCB Zürich für deren kreativen Output verantwortlich. Unter seiner Regie konnte die Agentur diverse Awards gewinnen und Kampagnen, wie jene für Neuroth, bekam auch internationale Anerkennung.
Dennis gehört nicht nur infolge seiner Person und seines Musikgeschmackes zu meinen Lieblings-Werbern, er macht ganz einfach Werbung, welche mich anspricht und berührt. Hinzu kommt, dass es sich bei Dennis um eine liebenswerte Person handelt, welche gleichzeitig mit seinem prägnanten Äusseren auffällt. Dennis ist Liebhaber und Träger von unzähligen Tattoos. In Seiler’s Werbeblog sagt er uns, wie es zu seinem ersten Tattoo kam, wer sein bevorzugter Körperverzierer ist und was ein Tattoo mit Werbung zu tun hat. Im zweiten Teil gehen wir direkt unter die Haut: Dennis erklärt uns ein paar seiner Tattoos. Ob es irgendwann zu einem Familien-Tattoo reicht, wird die Zeit zeigen.
1. Wann hast du dir dein erstes Tattoo stechen lassen? Wie hat dein Umfeld reagiert?
Mit 28 Jahren war ich schon relativ alt, als ich mir das erste Tattoo habe stechen lassen. Das war also alles wohlüberlegt und auch das Umfeld war mental vorbereitet. Es gab also keine fiesen Reaktionen.
2. Bei mir waren es Bands aus den 80-er Jahren wie Mötley Crüe, welche mit ihren Tattoos etwas Faszinierendes auf mich ausübten. Was war bei dir das Ausschlag gebende Erlebnis für dein erstes Tattoo?
Ich bin ja auch leidenschaftlicher Heavy-Metal-Fan. All meine Idole, dazu gehören übrigens auch die Jungs von Mötley Crüe, sind ebenfalls tätowiert – von Lemmy von Motörhead bis hin zu James Hetfield von Metallica. In der Metal-Szene sind Tattoos eben ein Markenzeichen. Man markiert sich fast selbst und drückt damit aus, ich gehöre zu eurem «Tribe» dazu. Ausschlag gebend war also definitiv das Nacheifern-Wollen.
3. Hast du einen Stamm-Tätowierer? Oder liebst du die unterschiedlichsten Einflüsse?
Früher habe ich mich dort, wo ich gerade war, tätowieren lassen. Es gab also sehr viele Tätowierer. Hier in der Schweiz habe ich mich aber festgelegt auf Jenny David vom «Paint Berry» Studio in Bremgarten. Meines Erachtens eine der besten Tattoo Artists weltweit. Niemand macht feinere, exaktere, schönere Linien als sie. Unfassbar gut.
4. In der Schweiz kennt man die guten Werber. Gibt es ein, zwei Tattoo-Studios, welche du meinen Lesern empfehlen kannst? Mit Bestimmtheit Jenny David?
Klar, «Paint Berry» in Bremgarten. Und wenn ihr mal in Hamburg seid, dann kann ich euch «Endless Pain» empfehlen.
5. Tattoos sind extrem in. Nicht nur ein Tattoo, sondern ganze Arme werden mit Tinte «zugetackert». Wie stehst du zu diesem Trend?
Ich finde das natürlich gut. Haut ist eine Leinwand. Gute Tattoos sind Kunst. Da darf man doch gerne etwas mehr von haben.
6. Werbung basiert auf einer überraschenden Idee. Auf was basiert ein gutes Tattoo?
Ein Tattoo ist ja auch immer ein Key-Visual. Es folgt also dem gleichen Schema wie Key-Visuals in der Werbung. Welches Key-Visual steht am besten für meinen Sohn? Mit welchem Key-Visual zeige ich meine Leidenschaft für Musik? Die Vorgehensweise ist da identisch. Brainstorming, viele Entwürfe, mehrere Runden. Dann Entscheidung. Schön ist aber, dass man selbst der Kunde ist.
7. Wie reagieren Kunden, wenn Sie dich das erste Mal sehen? Gibt es Situationen, in welchen Cornelia Harder (CEO FCB) sagt: Dennis heute mit einem Langarm-Hemd?
Cornelia würde so etwas nie zu mir sagen und auch erst gar nicht sagen müssen. Ich denke, ich weiss, wann ich nicht den tätowierten Metal-Fan raushängen lassen darf. Ich muss aber auch sagen, bisher gab es deswegen noch nie Probleme. Im Gegenteil. Plötzlich erzählen mir Kunden, sie haben auch einen Totenkopf auf dem Hintern.
8. Meine Meinung ist: ein Kreativer darf sehr wohl tätowiert sein. Ein Privileg unserer Branche?
Nicht mehr nur. Tattoos an sich sind immer gesellschaftsfähiger geworden. Wir Kreative haben vielleicht noch einen leichten Vorsprung, aber Tattoos sind längst normal geworden.
9. Gibt es Tattoos, welche du selber entworfen und gezeichnet hast?
Ja, einige. Den Totenkopf mit dem Füller beispielsweise. Der ist selbst gezeichnet, wurde dann aber natürlich noch verfeinert. Wie im Job auch – das Texter-Scribble wurde vom Arter dann perfekt umgesetzt.
10. Gibt es Stellen wie zum Beispiel das Gesicht, welche du niemals tätowieren würdest?
Ich wollte mir mal «Ich war`s!» auf die Stirn tätowieren lassen. Nein, Quatsch, das Gesicht ist tabu. Bis zum Hals ist bei mir jedoch noch alles möglich.
11. Wenn man die Bilder auf deinem Körper anschaut, sieht man, dass auch hier die Werbung vertreten ist. Ist das eine Art Liebesbeweis an den Beruf, welchen du ausübst?
Ja, definitiv. Ich bin ein Fan von meinem Job. Und damit meine ich den Kern meines Jobs, das Texten und Ausdenken, was ich beides immer noch so oft wie möglich selber mache.
Für mich ist es immer noch eine der grössten Freuden, wenn dem alten Sack mal wieder eine gute Zeile eingefallen ist.
12. Im zweiten Teil nachfolgend erwähnst du, dass du Dozent an der Miami ad School warst. Der Schulleiter Niklas Frings-Rupp hat mir geschrieben, dass sie dich in Hamburg extrem vermissen. Muss eine tolle Zeit gewesen sein?
Das war wirklich eine wundervolle Zeit. Ich war sehr eng verbunden mit meinen Studenten, vor den Prüfungen war ich ebenfalls rund um die Uhr im Einsatz. Aus einem ganz einfachen Grund: Ich konnte richtig was lernen von den Studenten. Da waren ein paar krasse Genies dabei. Es war also, obwohl ich Dozent war, für mich extrem lehrreich. Auch in puncto Teamführung und Weitergeben-Können von Wissen.
13. Wenn man dein Werk für das Schweizer Jugend Sinfonie Orchester anschaut, dann fällt einem auf, dass du auch in der Werbung gerne mit Farben spielst. Was haben Farben für eine Wirkung auf dich?
Farben sind eine wunderbare und magische Macht. Was wäre denn die Welt ohne Farben? Was wäre der Fussball beispielsweise ohne Farben? Die Wirkung von Farben kann man am besten bei Kindern beobachten, wie sie den Umgang mit Farben auf natürliche Art und Weise lieben.
14. Schwarze Tattoos findet man in deiner Auswahl nicht. Bist du auch im Alltag ein bunter Vogel?
Ich glaube, da kann ich jetzt nicht alle Klischees eines Tätowierten erfüllen. Ich bin doch eher ein ruhiger, entspannter, gemütlicher, bunter Vogel. Nicht einer von der Sorte bunter Vogel, der über die Langstrasse rennt und durch lauter crazy Clubs donnert.
15. Wenn man die Hintergründe zum Tattoo «kubistischer Totenkopf» kennt, muss man annehmen, dass du ein sehr spontaner Mensch bist?
Spontanität ist immer das Resultat von Freude an oder Lust auf etwas haben. Spontan in den Europa-Park fahren. Spontan Currywurst essen oder Bier trinken. Ich war da spontan, weil ich es sofort haben wollte. Von daher: Ja, ich bin sehr spontan, wenn ich etwas gut finde. Sicher auch im Job. Da werde ich dann manchmal unerträglich spontan. Wie ein kleines Kind, das einen Schleckstengel haben will.
16. Zum Abschluss die Vater-Frage: Du hast drei Kinder. Was sagt der strenge Vater Dennis, wenn eines der Kinder mit der Bitte um Erlaubnis für ein Tattoo antrabt?
Wie könnte ich da Nein sagen? Natürlich dürfen sie. Aber ein bisschen streng wäre ich schon: Sie müssen 18 sein. Das Motiv muss wohl überlegt sein. Der Tattoo Artist muss exzellent sein. Wenn das Taschengeld da nicht reicht, wäre ich verhandlungsbereit. Ehrlich gesagt wünsche ich mir sogar ein Familien-Tattoo. Ein Motiv, das jeder von uns 5 hat. Das wäre doch schön, oder?
Nachfolgend finden Sie eine Auswahl inkl. Geschichte zu Dennis‘ Tattoos:
1) Lorem Ipsum:
Das hier ist mein erstes Werber-Tattoo. Wir Texter haben ja die Aufgabe, den Blindtext «Lorem Ipsum» mit sinnvollen Wörtern zu ersetzen. Dieses Mal sollte «Lorem Ipsum Dolor Sit Amet» jedoch für immer stehen bleiben. Arter lachen sich über dieses Tattoo meistens schlapp. Nicht-Werber denken immer, da steht was total Poetisches auf Latein.
2) Hier könnte Ihre Werbung stehen:
Und noch ein Werbe-Tattoo und auch eines meiner jüngsten Werke aus 2014. Von Jugendsünde kann man da also sicher nicht sprechen. Gibt es eigentlich auch eine Alterssünde? Nein, im Ernst: Ich mag einfach meinen Job und ich fand, es so darzustellen ist eine lustige Hommage.
3) Totenkopf mit Füller:
Das Interessante an diesem Tattoo ist, dass es einen Sponsoring Partner hat. Das seht ihr an der pink-farbenen Glühbirne darüber. Die Glühbirne ist in Miami-Ad-School-Pink. Sie hat mir das Tattoo damals gesponsert, als ich dort in Hamburg doziert habe. Texter bzw. Kreative ausbilden, hat und bereitet mir immer noch einen Riesenspass. Noch einmal einen grossen Dank an Oliver und Niklas (Leiter der MAS) für die gute Zeit – und das lässige Motiv. Besonders mag ich übrigens den Störer direkt am rechten Handgelenk, der sagt mir immer: «Mach was Neuartiges!». Und noch eine Anekdote zu diesem Tattoo: Es wurde in den Drehpausen zu einem Käpt`n-Iglo-Spot gestochen.
4) Kubistischer Totenkopf:
Das war ein Experiment. Mein Tätowierer wollte das unbedingt mal stechen und hat eine Leinwand dafür gesucht. «Komm, das machen wir jetzt direkt.», war meine Antwort. Gute Sachen muss man einfach sofort umsetzen.
5) Aaaaargh:
Ich wollte unbedingt einen Schriftzug auf dem Unterarm. Lange habe ich nach dem richtigen Text gesucht. Ich wollte auf gar keinen Fall so ein Jedermanns-«Carpe-Diem»-Ansatz. Ein Clever&Smart-Comic hat mich dann auf die richtige Idee gebracht. Nicht mehr ganz altersgerecht, also fast an der Grenze zu peinlich, aber immer noch ein Lächeln wert.
6) Für die Kids:
Das Schöne an Tattoos ist doch, dass sie festgehaltene Erinnerungen sind. Nie werde ich vergessen, dass mein Sohn Ludwig der weltgrösste Hot-Wheels-Fan ist, dass das Pony «Twilight Sparkle» die beste Freundin meiner Tochter Lisbeth ist und meine kleinste Tochter Louise die schönsten Eulen-Laute der Welt von sich gibt. Dafür sind doch Tattoos da. Wie Fotos, nur auf der Haut.
Vielen Dank an Dennis, welcher seine Kreativität nicht nur bei FCB Zürich, sondern auch auf seinem Körper auslebt. Sollte es noch mehr Tattoo-Begeisterte Kreative da draussen geben, welche ihre Werke auf meinem Blog vorstellen möchten, dann hoffe ich, heisst es schon bald: Tattoo Special Teil 2.
© Yves Seiler
Interessierte melden sich bitte bei: seiler@seilers-werbeblog.ch