Joachim Lienert, Jahrgang 1967, arbeitete in seinem früheren Leben als Gärtner, Landschaftsarchitekt, Maschinenschreiber, Datenbank-Abfüller, Internet-Projektleiter und Marketingleiter. Als er schliesslich einsah, dass sein wahres Talent im Schreiben liegt, machte er sich selbstständig und gründete 1999 Volltext, die Agentur für Texte am Zürichsee. Sein erster Auftrag war ein Sketch, den er gleich selbst aufführte. Seit jener Zeit im letzten Jahrtausend schreibt Joachim Lienert ununterbrochen als freischaffender Texter für kleine und grosse Firmen alles, was sie schriftlich wünschen – von Texten für eine Website mit hundert Seiten bis zum Slogan in zwei Worten. Sein eigener Slogan besteht aus fünf Wörtern: Das Leben ist voll Text.
In Seiler’s Werbeblog veröffentlicht Joachim Lienert in regel- bis unregelmässigen Abständen eine Kolumne voll Text über das Texterleben.
Text ist das neue Bild
Als Texter erlebt man mal mehr Wertschätzung seiner Arbeit – und mal weniger. Tatsächlich gibt es den Kunden, der mir frohen Mutes am Telefon mitteilt, er hätte da einen Prospekt, sein Grafiker habe ihn bereits fixfertig gelayoutet, mit Bild und allem, nun müsse ich nur noch den Blindtext, der darin stehe, durch ein paar knappe Worte ersetzen. Und schon sei alles bereit für den Druck, der übrigens in drei Tagen über die Druckplatte gehe. Ich brauche mich nicht allzu lange mit der Materie zu befassen, schliesslich müsse alles sehr kurz gehalten werden, ich wisse ja, dass niemand den Text wirklich lese, seine Firma wolle die Bilder sprechen lassen, die Leute wollten Bilder sehen, schöne Fotos, das sei das Wichtigste.
Ja, den Texter beissen die Hunde. Er ist der Letzte in der Nahrungskette des gemeinen Werbeauftrags. Er soll noch schnell die Lücken im Layout füllen und den Blindtext in halbwegs lesbaren Stoff umwandeln – auch wenn genau dies ja angeblich niemand tun werde: besagten Text je zu lesen. Wenn der Auftraggeber derart wenig von Texten und Textern hält, warum lässt er dann nicht einfach seinen Göttibuben (1. Oberstufe Sek. A) ans Word-Werk?
Allen Blindtext-Ersetzern sei ein für allemal ins Stammbuch geschrieben: Text ist wichtig! Text wird gelesen! Text ist das neue Bild! Das Gerücht hält sich hartnäckig, dass ein Bild mehr sage als tausend Worte. Richtig ist genau das Gegenteil: Ein Text sagt mehr als tausend Bilder. Und ich sage Ihnen gleich warum. Holen wir dazu etwas aus. Fakt ist, dass immer mehr Menschen immer mehr Produkte online via PC, Smartphone oder Tablet kaufen. Komplette Handelsketten, die seit Jahrzehnten etabliert sind, brechen auseinander. Musik, Bücher, Kleider, Möbel, Spielzeuge, Haushaltwaren, Elektrogeräte: Sie alle werden immer häufiger unter Umgehung des klassischen Einzelhandelsgeschäfts direkt im Internet erworben. Auch den nächsten Handwerker suchen wir übers Internet. Und genau dies ist der Grund, warum Text markant an Bedeutung gewinnt: weil sich Vertrieb, Werbung, Beratungs- und Verkaufsgespräche zunehmend ins Internet verlagern – dorthin, wo die Kommunikation ausschliesslich schriftlich stattfindet.
Im Online-Zeitalter ist Text das neue Bild. Er ersetzt jedes Verkaufs- und andere Gespräch mit dem Verkäufer. Text muss deshalb eine ganze Menge können: Text muss ein Produkt so präzise wie möglich erklären, damit alle Unklarheiten beseitigt sind und ein potenzieller Kunde es tatsächlich kauft. Text sorgt für die Stimmung im Online-Schaufenster. Er setzt den Ton, in dem eine Firma mit ihren Kunden spricht. Er vermittelt Hochwertigkeit oder Trash. Er signalisiert Vertrautheit oder distanzierte Höflichkeit. Er lädt ein, weiter im eigenen Angebot zu stöbern – oder vergrault Kunden durch unnütze, unlesbare, uninspirierte Information.
Kurz: Text ist Ihr Aushängeschild. Wer immer ein neues Produkt kauft oder eine Firma durchs Internet (und ebenso durch eine Broschüre oder einen Katalog) kennen lernt – das Bild vermittelt den ersten Eindruck davon. Der Text aber verstärkt diesen positiven Eindruck oder macht ihn zunichte. Bild ist König? Text ist Ass. Und kommen Sie mir nie mehr damit, dass niemand liest. Soeben haben Sie diese Kolumne gelesen. Danke.
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