Parvez Sheik Fareed «Big Balls»

Biografie:
Werber mit angelsächsischer Denkweise und Kopf hinter DonateBalls.com

1. Parvez, du hast einen interessanten Namen. Ist Sheik ein Marketinggag oder Adelstitel? Was sind deine Wurzeln und wo bist du aufgewachsen?
Ich bin britisch-schweizerischer Doppelbürger mit mauritisch-arabischen Wurzeln. Aufgewachsen bin ich in der Schweiz. Der Name ist weder Marketinggag noch Adelstitel. Ich besitze kein Kamel und Datteln kenne ich nur aus der Migros.

2. Ursprünglich hast du eine Karriere als Jurist gestartet und bist nun in der Werbung gelandet. Wie kam es dazu?
Eines Tages bin ich über Dave Trotts Blog gestolpert und dort hängen geblieben. Mich faszinierte wie er den Werberjob beschrieb: mit Originalität und nonchalanter Ungeniertheit die Konkurrenz schlagen. Auf Dave Trott folgten Ed McCabe, Bob Hoffman, Mark Denton, Howard Luck Gossage, Tom McElligott. Je mehr ich erfuhr, umso mehr wollte ich Werber werden.

3. Selber arbeitest du in einer Agentur (Y&R), welche schon einige Awards gewonnen hat. Du hältst aber nicht viel von Awards. Warum ist dem so?
Weil es zu einer völlig stupiden Unterscheidung führt: «normale» Werbung oder Award Werbung. Sinn und Zweck der Werbung verschiebt sich dadurch immer mehr. Anstatt Produkte zu verkaufen geht’s darum Jurys zu beeindrucken. Man löst keine Business Probleme mehr, sondern schafft isolierte Käseglocken Szenarios fernab von der Realität wie z.B. die Volvo Life Paint. Soweit ich weiss, hat man bereits früher Fake Werbungen eingereicht, nicht aber wie im heutigen Ausmass.

4. Es sind ja nicht alle Einreichungen Fake. Spricht da ein wenig der Neid, weil du selber bis jetzt noch keine Awards gewonnen hast?
Nein, kein Neid. Als ich in die Werbung einstieg, wollte ich Awards gewinnen. Mein Hunger verschwand als ich realisierte, dass es mehrheitlich Fake Werbungen sind. Ich habe ein Interesse an kompetitiver, verblüffender Werbung, die den Konkurrenten Marktanteile abjagt. Möglichst clevere intellektuelle Umsetzungen, die nur eine Jury nicht aber normale Menschen verstehen, interessieren mich nicht.

5. Als Copywriter bzw. aus Sicht eines Konzepters: gibt es aktuell eine Kampagne, welcher du trotzdem einen Award geben würdest?
Aktuell die Towel Drop Werbung für TravelSupermarket aus England:

Und, etwas länger her, aber immer wieder erfrischend: die TV Spots mit Lotto Millionär Heini Sutter. Beides herrliche Werbungen, weil sie mit übertriefendem Humor auf genial absurde Weise das Produkt verkaufen.

6. Auch gegenüber Trends bist du kritisch. Das musst du mir als Werber erklären?
Quentin Crisp hat mal gesagt «Fashion is what you adopt when you don’t know who you are.» Genauso verhält es sich mit Trends. Nämlich die Denkweise, dass Trends die generelle Antwort auf Problemstellungen sind. Momentan werben diverse Brands in irgendeiner Form mit Star Wars. Was hängenbleibt ist Star Wars, nicht aber die Brands dahinter. Null Differenzierung, null Andersartigkeit. Die Star Wars Macher wird’s freuen, das ist Gratiswerbung für den Film, bezahlt von Unternehmen.

7. Nimmst du dir als Neuling ;) mit deinen Ansichten den Mund nicht etwas voll?
Ich äussere einfach meine Sicht der Dinge und meine Überlegungen. Ich beanspruche keine Allgemeingültigkeit. Ich vermisse originelle Denker in der Schweizer Werbung. Ich finde Werbung hierzulande sollte viel brachialer und unerwarteter sein. Vieles ist ein Bad im Schöngeistertum eingeschäumt mit abstrusen Lehrbuchtheorien. Verblüffendes entsteht, wenn Kontroverse und Unberechenbarkeit aufeinandertreffen. Ich persönlich kenne nur zwei Schweizer Werber, die ihre Meinung öffentlich sagen und sich nicht scheuen vom Konformitätsbrei abzuweichen. Das bewundere ich.

8. Du bist der Kopf hinter DonateBalls.com. Was genau ist das? Wie kamst du auf diese Idee?
Donate Balls verschickt Eier an Leute, die keine haben. Man kann Eierberdürftigen anonym Eier spenden. Die Idee entstand aufgrund persönlicher Erfahrungen mit Spassbremsen, welche ihre Eier zusammen mit der Nabelschnur im Geburtssaal zurückgelassen haben, sich aber grosskotzig als Macher geben.

9. Für 9.99 USD gibt es diesen Service (zwei Wasserballone, Schnur inkl. Gratulationsschreiben). Wie vielen Menschen hast du bereits zu mehr Mut, zu mehr Eiern verholfen?
Noch zu wenigen. Es hat noch Platz für viel Eier in der ganzen Welt.

10. Sind anonyme Spender nicht auch eierlose Menschen?
Die Anwort darauf ist in den FAQ zu finden. Ein Besuch lohnt sich! www.donateballs.com/de/#FAQ

11. Ist dieser Scheiss (Frage aus FAQ) ernst gemeint?
Wir meinen es todernst. Einfach mit einer gehörigen Portion Humor.

12. Was geschieht mit dem Geld, welches du einnimmst?
Das kommt in die eigene Tasche. Vielleicht kann ich mir dann eines Tages ein Kamel leisten.

13. Kann ich einem Unternehmen Eier spenden?
Ja. Welches Unternehmen möchtest du beglücken? Chefetagen eignen sich besonders.

14. Gibt es aktuell eine Person, welche in deinen Augen total eierlos war?
SP Parteipräsident Christian Levrat, welcher regelmässig bei Abstimmungsniederlagen heult und den Fehler dafür bei anderen sucht.

15. Umgekehrt: welche Person oder Situation hat dich von der Courage besonders erfreut?
Ricky Gervais, der in seiner Golden Globes Eröffnungsrede kein Blatt vor den Mund nahm:

Und Markus Somm in der Sendung Kulturplatz zum Thema «Political Correctness»:
www.srf.ch/sendungen/kulturplatz/darf-man-das-zwischen-politisch-korrekt-und-unkorrekt

16. Zum Abschluss die wichtigste aller Fragen: hast du Eier?
Ja, ich hoffe es. Und sonst soll man mir unbedingt ein paar spenden.

*Parvez, ich danke dir für die spannenden Antworten und ja, ich teile deine Ansichten, Yves Seiler

 

 

Offizielle Medienmitteilung zu DonateBalls.com:

www.donateballs.com

 

© Yves Seiler

Bilder: zVg