Philipp Skrabal (46) begann seine berufliche Laufbahn 1985 an der ZHdK in Zürich. Das erste Geld und seinen Ausbildungsplatz als Grafiker ergatterte er sich als Graffiti-Künstler. Nach einigen Jahren als Grafiker, AD und CD, startete er 2004 als Creative Director bei Publicis. In den drei Folgejahren führte die Agentur zweimal das Kreativranking an und wurde 2007 beim ADC «Agentur des Jahres».
Ab 2008 trug Skrabal als Executive Creative Director und Mitglied der Geschäftsleitung bei Advico Young & Rubicam mit namhaften Etatgewinnen wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung bei. Gleichzeitig gelang auch hier umgehend der Sprung auf Platz 1 im Kreativranking, der 2009 und 2010 erfolgreich verteidigt werden konnte.
Von 2010 bis 2014 trug er als Mitinhaber und Geschäftsführer Kreation von Wirz Werbung entscheidend zum kreativen Turnaround der Agentur bei. Die Agentur schaffte den Sprung von Platz 6 auf Platz 2 (2012 und 2013) im Kreativranking. Auch wirtschaftlich gelang mit seiner Hilfe der Sprung von ebenfalls Platz 6, auf Platz 2 im Ranking der Leading Swiss Agencies. Seit August 2014 ist er als Chief Creative Officer von Farner Consulting tätig, er ist Mitglied der Geschäftsleitung und leitet den Bereich Werbung & Events.
Als Vizepräsident des ADC Schweiz ist Skrabal für das Ressort Ausbildung verantwortlich, engagiert sich als Mitglied des Schulrates der Ad School und leitet seit 2010 den ADC Young Creatives Award. Er errang über 500 nationale und internationale Auszeichnungen, darunter auch zahlreiche Cannes-Löwen. 2011 war er selbst Juror in Cannes. In den Jahren 2005, 2007 und 2010 war er Juror beim ADC of Europe. Im Dezember 2016 juriert er beim Eurobest. 2009, 2011 und 2014 war er zum Werber des Jahres nominiert. Philipp Skrabal ist verheiratet, Vater von 3 Mädchen und 2 Buben und lebt in Schaffhausen.
Seit etwas mehr als 2 Jahren sind Sie als «Chief Creative Officer» bei Farner und leiten den Bereich Werbung & Events. Wie beurteilen Sie diese Zeit?
Als äusserst spannend und lehrreich. Es ist uns mit neuen Kunden wie der Mobiliar, dem BAKOM, Coca Cola oder dem TCS gelungen unser Team zu verdoppeln. Für TGVLyria arbeiten wir sogar international.
Als Ihr Wechsel zu Farner bekannt wurde, zauberten Sie manchen Branchenkollegen ein Fragezeichen auf die Stirn. Warum haben Sie sich damals für den Wechsel zu einer PR-Agentur entschieden?
Das lag vermutlich dran, dass die Branchenkollegen Farner gar nicht kennen. Ein kleiner Exkurs: 1950 gründete Rudolf Farner die Werbeagentur Farner (heute Publicis). 1970 beschäftigte die Agentur 360 feste Mitarbeiter in Zürich, Düsseldorf, Mailand, Amsterdam, Wien, Frankfurt und Lausanne. Farner war nicht nur ein einflussreicher PR-Mann, er war auch ein Pionier der Werbung in Europa.
Heute beschäftigt die Agentur rund 100 Mitarbeitende in Zürich, Bern, Lausanne und Genf. Darunter bereits 12 im Bereich Social Media & Analytics, 22 im Bereich Werbung & Events und knapp 10 im Bereich Change & Interne Kommunikation. Dazu die etablierten Bereiche, Public Affairs, Finanzmarkt & Health Care, ICT oder E-Commerce & Consumer. Mit Disziplinen von Branding über Investor Relations bis zur Krisenkommunikation – ich kenne sonst keine Agentur, die all diese Bereiche abdecken kann.
Sie waren in führenden Funktionen bei den besten Schweizer Werbeagenturen und arbeiteten unter anderem bei Publicis, Advico und Wirz. Mussten Sie sich nach dieser erfolgreichen Zeit (Philipp Skrabal war innert 10 Jahren 4x auf Platz 1, 4x auf Platz 2 und je einmal auf Platz 5 und 6 im Kreativ-Agenturranking) bis zu einem gewissen Grad auch selber neu erfinden?
Ich musste nicht, ich wollte. Durch den Medienwandel verändern sich auch die Anforderungen an uns Kreative. Ich wollte etwas dazu lernen. Farner steht schon seit den Fünfzigerjahren für Content und Storytelling.
Ist es denn so anders bei Farner im Vergleich zu den vorher genannten Agenturen?
Ich habe in all diesen Agenturen sehr gerne gearbeitet und tolle Menschen kennen und schätzen gelernt. Jede Agentur war anders und jede steht auch für ein wichtiges Kapitel in meiner Laufbahn.
Was unterscheidet das Farner Angebot im Bereich der «Werbung» von dem was Agenturen wie z. B. Leo Burnett oder Havas heute anbieten?
Das möchte ich nicht vergleichen. Werbung von Farner heisst eben integrierte Kommunikation mit einer zentralen und kanalunabhängigen Idee, von einem wirklich interdisziplinären Team, Journalisten, PR- und Social Media-Spezialisten mit Kreativen an einem Tisch. Wir suchen die beste Lösung für die Aufgabe. Es macht für uns als Unternehmen keinen Unterschied, ob dabei ein Konzept für Medienarbeit, Social Ads, ein TV-Spot oder eine grosse integrierte Kampagne entsteht. Natürlich macht Letzteres besonders Spass.
Auf der Farner Website schreiben Sie von 360° Kommunikation, bei der fundiertes Research zu relevanten Insights führt. Gleichzeitig verwenden Sie in diesem Zusammenhang auch den Begriff «Methodik». Können Sie uns mehr dazu sagen?
Dabei geht es um Research & Analytics. Unser Digital-Team begleitet Kampagnen durch alle Phasen – von den Insights übers Targeting bis zur Erfolgsmessung. Nur so können wir aus unserer Arbeit lernen und Massnahmen auch laufend optimieren. Natürlich braucht es dazu kostspielige Tools, die haben wir.
Mit dem jungen Skrabal schaffte es Matter & Partner bis in die Top 5 der kreativsten Agenturen. Was waren die Meilensteine aus dieser Zeit?
Mein wichtigster Kunde damals war die Migros, eine der Lieblingskampagnen aus der Zeit war die für das Migros-Mineralwasser Aproz oder der TV-Spot für Wernli, das war 2001.
Die darauf folgenden Jahre waren Sie bei Publicis, welche 2007 zur Agentur des Jahres gewählt wurde. Gab es in dieser Zeit nur Erfolge oder kam es auch zu Rückschlägen?
Rückschläge nicht aber es war eine sehr herausfordernde Zeit. Die Agentur nach der Ära Jean Etienne Aebi auf der Spitzenposition zu halten, war nicht leicht. Dazu kamen grosse Kunden wie UBS, Nestlé oder die Swisscom, das war für mich damals schon eine neue Liga. Mit Markus Gut, er hatte mich auch zur Publicis geholt, ging ich anschliessend zu Y&R.
Nach Y&R folgten sehr erfolgreiche Jahre bei Wirz. Kam für Sie die Selbständigkeit nie in Frage?
Doch, das habe ich mir natürlich schon überlegt. Ich habe mich dann aber für Farner entschieden. Es war mir letztendlich wichtiger, den digitalen Wandel der Branche in einem dafür bestens aufgestellten Umfeld mitprägen zu können.
Sie sind Vizepräsident des ADC’s. Hand aufs Herz: wie sehr vermissen Sie das Umfeld einer pulsierenden Werbeagentur?
Sie sind herzlich zu uns an die Löwenstrasse 2 eingeladen. Das wird Ihre Frage am besten beantworten.
Sie sind Vater von 5 Kindern. Ist es deshalb naheliegend, dass sie beim ADC das Ressort Ausbildung betreuen?
Beim ADC bilden wir junge Erwachsene weiter. Mit jungen Menschen zu arbeiten, bringt einen selbst auch weiter. Meine Kinder sind zwischen 2 und 13 Jahre alt, die halten mich auch fit.
Die Ad School startete in diesem Jahr. Die Schule setzt dabei auf Strategie und Kreation. Der Ursprung einer nachhaltigen Kundenzusammenarbeit liegt in meinen Augen in der Beratung. Ich behaupte, wenn die Beratung und die Kreation noch enger zusammenarbeiten würden, wäre dies der Schlüssel der Zukunft. Wie sehen Sie das?
Genau darum richtet sich die Ad School mit dem Strategie-Teil an Beraterinnen und Berater, die sich weiterentwickeln wollen. Die enge Zusammenarbeit aller Bereiche, inklusive den Kunden, ist der Schlüssel der Zukunft. Das sehe ich genauso.
Wer war Ihr «Lehrmeister»? Von wem konnten Sie in jungen Jahren am meisten lernen?
Ich durfte von vielen lernen. Manchmal über viele Jahre und manchmal in kurzen Begegnungen.
Was für eine Art Chef sind Sie selber? Bei meiner Recherche bekam ich das Gefühl, es gibt bei Ihnen zwei Meinungen: «Von Philipp habe ich am meisten gelernt» oder «der Skrabal ist ein extrem harter Hund». Schwarz oder Weiss, wie sehen Sie das?
Ich sehe das nicht Schwarz oder Weiss – ja, ich verlange viel. Aber ich habe auch viel zu geben. Ich denke, das spiegeln auch die beiden Aussagen. Offenheit, Ehrlichkeit und Loyalität sind für mich zentral. Ich bin ein Teamplayer.
Wie gross ist Ihr Team, welches Sie aktuell bei Farner leiten? Aus was für Spezialisten setzt sich das Kreativ-Team zusammen?
Wir sind aktuell 22 Mitarbeitende. Wir bieten nebst Markenführung und Beratung, Projektmanagement, Konzeption und Gestaltung auch Animation 2D und 3D, Film und Schnitt, Web Development, und alles rund um die Konzeption und Umsetzung von Events. Unser grösster Event ist übrigens der Birgit Nilsson Preis (höchstdotierte Musikauszeichnung weltweit), der in der Königlichen Oper Stockholm stattfindet. Die Preise werden von König Carl XVI. Gustaf von Schweden überreicht.
Nicht sehr viele Kampagnen haben es 2016 geschafft mein Herz zu berühren. Wird es immer schwieriger herausragende Werbung wie auch Ideen und Insights, welche man noch nicht gesehen hat, zu konzipieren?
Ja und nein. Neues entsteht heute primär indem man etwas in einen neuen Kontext stellt. Es ist nicht weiter überraschend, dass sich Insights wiederholen. Schliesslich geht’s um menschliche Bedürfnisse und die verändern sich nicht von heute auf morgen.
Sie haben unzählige Kreativ-Wettbewerbe gewonnen und gehören in die Riege der meistausgezeichnetsten Schweizer Werber. Reicht Farner beim ADC und bei anderen Award Shows Kampagnen ein?
Farner wurde sogar schon mal von der Academy für einen Oscar nominiert!
Der Vergleich mit den Besten der Branche spornt natürlich an. Wir waren 2012 und 2015 «PR Agency of the Year» in der DACH-Region (The Holmes Report), dazu kamen etliche Auszeichnungen für innovative Arbeiten. Der ADC hat dabei bis jetzt noch keine Rolle gespielt. Das muss aber nicht so bleiben.
Jean-Remy von Matt sagte, dass die Agenturen aufhören sollen nur noch auszuführen. Was ist Ihre Meinung dazu?
Da stimme ich zu. Wer nicht nur ausführen will, muss aber beraten können.
Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Wie zufrieden sind Sie mit dem bald abgelaufenen Jahr und was sind Ihre Wünsche für 2017?
Ich bin sehr zufrieden, unser Team hat sich gut entwickelt, viel geleistet und erreicht. Für 2017 wünsche ich mir mehr Zeit mit meiner Frau und dass es den Kindern gut geht.
© Interview: Yves Seiler
© Kampagnen: Die abgebildeten Kampagnen stammen von den Agenturen Farner Consulting, Wirz und Matter & Partner.