BUFFED PAINTINGS
Die Kolly Gallery freut sich, die Einzelausstellung «HERE TO STAY» von Thierry Furger zu präsentieren. Die langjährige intensive Auseinandersetzung mit den Charakteristiken von Graffiti bildet den Ausgangspunkt seiner Werke, die seit 2007 unter dem Begriff «Buffed Paintings» entstehen – mit «buff» wird im Graffitislang die Entfernung von Graffiti bezeichnet. Zentrale Aspekte von Furgers künstlerischem Schaffen sind die Vergänglichkeit von Tags und Pieces im öffentlichen Raum und eine abstrakte Ästhetik, die sich aus ihrer Reinigung ergibt; zugleich untersucht er auch die Strategien, Techniken und Situationen des illegalen Sprayens. Seine Werke stehen an der Schwelle zwischen Writing und abstrakter Darstellung, an der sowohl Buchstaben und Farbe gleichermassen entschwinden und wieder auftauchen wie auch die Differenz zwischen Linien und Flächen aufgelöst wird.
Sprayer und Reinigungskräfte stehen in einem konstanten Wettlauf um Sichtbarkeit, der sich auf Form und Materialität auswirkt. Beide Seiten verwenden immer aggressivere Mittel, um ihre unterschiedlichen Vorstellungen zur Gestaltung des öffentlichen Raumes durchzusetzen. Der Ausstellungstitel «HERE TO STAY» verweist auf dieses komplexe Zusammenspiel zwischen angestrebter permanenter Präsenz und faktisch kurzer Sichtbarkeit, das durch die Übertragung in den Innenraum und die dortige Möglichkeit zur Konservation eine weitere Dimension erhält.
Gerade aufgrund dieses anders gearteten Kontextes hat Furger den Anspruch, die rohe Ausdruckskraft und Spontaneität in seiner Arbeitsweise einzufangen. Der Entstehungsprozess ist dabei ein wesentlicher Aspekt: Die Bilder für seine aktuelle Ausstellung hat er bewusst unter widrigen Umständen in einer leerstehenden Scheune ohne Strom und fliessend Wasser geschaffen. Dabei hat er Farbreste verwendet und unter Zeitdruck und bei schlechten Lichtverhältnissen gearbeitet, um der Versuchung zu entgehen sie bis ins Detail schön zu gestalten.
Auf unterschiedlichen Bildträgern schafft Furger Schriftbilder und Farbkompositionen, die dann mit aggressiven Lösungsmitteln und energischen Gesten wieder ausgewischt werden. Angefangen mit den lesbaren «Street Statements» über die Serie der «Clouds», bei denen die ursprünglichen Buchstaben noch zu erahnen sind, lösen sich die Formen zusehends auf bis nur noch leuchtende Farbverläufe die grossen Plakattafeln zieren. Dabei kontrastiert die fliessende Leichtigkeit des Sprayens, das ohne direkten Kontakt geschieht, mit den physischen Spuren der Reinigung.
THIERRY FURGER
Thierry Furger, 1975 in der Schweiz geboren, entdeckte Ende der 80er Jahre die Welt der Graffiti und hat sich seither ihrer Erforschung verschrieben; heute lebt und arbeitet er als Künstler und Grafiker in Zürich.
Bereits über zwanzig Jahre verfolgt und dokumentiert Furger die Subkultur der Writer und ihre Erzeugnisse. 2007 präsentierte er seine Werke erstmals in einer Ausstellung. Dort entstand das Thema der «Buffed Paintings», das er seither kontinuierlich weiterentwickelt hat. Bis heute spürt er den Charakteristiken von Graffiti nach: Dazu gehören insbesondere seine Vergänglichkeit und die Ästhetik der Reinigung und Entfernung illegaler Tags und Pieces, aber auch Strategien, Techniken und Situationen des illegalen Writings.
Graffiti heisst nicht nur langjährige Übung im Umgang mit Buchstaben und Sprühdose, um einen eigenständigen Stil zu entwickeln, sondern dies auch unter widrigen Umständen, bei Zeitdruck und schlechten Lichtverhältnissen umsetzen zu können. Eine besondere Faszination liegt in der Atemlosigkeit seiner Entstehung und wird durch die Vergänglichkeit der Bilder noch verstärkt. Den Werken ist angesichts der Ordnungsbestrebungen von Seiten der Behörden und breiter Teile der Gesellschaft oft nur eine kurze Sichtbarkeit beschieden, zudem sind sie ebenso der Witterung wie konkurrierenden Sprayern ausgesetzt – Graffiti ist wesentlich ephemer.
Im öffentlichen Raum verschmilzt Graffiti mit seinem Untergrund, die Verbindung der Farbe mit den Materialien, die als Bildträger dienen, gehören zu ihrer spezifischen Ästhetik. Bei diesen beiden Aspekten setzt die Kunstpraxis von Furger an, indem er versucht, Entstehung, Vergänglichkeit und Materialität einzufangen. Für die «Buffed Paintings» werden zunächst Graffiti oder Tags auf unterschiedliche Träger gesprayt, die der Künstler anschliessend mit sogenanntem Graffitikiller reinigt. Aerosol oder Tinte, S-Bahn-Tür oder Plakatrahmen – je nach Untergrund und Farbauftrag entstehen unterschiedliche Kompositionen aus Farbwolken und Wischspuren, aus drips und Schwüngen, die unter der heterogenen Oberfläche erscheinen.
So schafft der Künstler Werke, die nicht Kalligrafie oder die technisch versierte Linienführung betonen, sondern Ausstrahlung und Ästhetik von Geschwindigkeit und Vergänglichkeit inszenieren.